"Home is where the heart is. "... so eine Binsenweisheit. Dass gerade sowas mich letztens arg ins Straucheln gebracht hat! Ging soweit, dass ich, als ich sie hörte, plötzlich wissen wollte, wo mein Zuhause ist, was ich als meine Heimat definieren würde. Nicht rational, da ist's ja ganz logisch, wo ich herkomme, aufgewachsen bin, da liegt meine Heimat. Nein, auf Basis meines Gefühls, "where the heart is" eben.
Ich betrachte also die Möglichkeiten. Da wäre mein aktuelles geographischer Domizil Bielefeld, von mir auch liebevoll "Exil" genannt. Kann man nichtmal ansatzweise in Erwägung ziehen. Behrendorf scheidet gleichfalls aus, ich muss mich schon arg anstrengen, um überhaupt ein Gefühl zu diesem unrelevanten Flecken Erde zu entwickeln, das dann allerdings recht unklar daherkommt. Irgendwas zwischen Scham, Langeweile (Ist nichtmal ein Gefühl, oder?) und Frust?
Wenn mich jemand fragt wo ich herkomme, und das passiert in letzter Zeit immer häufiger, antworte ich meist: "Von der Nordseeküste, Husum. Ein Begriff?" Und der Gegenüber antwortet dann meist mit ja. Mehr will jemand, der dich grad erst kennenlernt, ja auch nicht wissen. Dass das eigentlich nur der Ort war, an dem ich zur Schule gegangen bin, uneigentlich allerdings der prägende Ort meiner Jugend, an dem hat sich eigentlich alles abgespielt, weil, in Behrendorf konntste ja nicht sein, macht Husum dann auch zum zwiespältigen Kandidaten in der Heimatsuche, denn: Mein Herz ist da ja schon lange nicht mehr, das ist ja alles aus und vorbei, außerdem habe ich dort ja sowieso nie richtig gelebt. Nur viel Zeit verbracht.
Bleibt zu guter Letzt noch Hamburg übrig. Ich müsste wahrlich groß ausholen, um mein Verhältnis zu Hamburg ausreichend zu bestimmen, was ich an anderer Stelle gerne zu tun bereit bin, jetzt werde ich es kurz fassen: Von den Genannten kommt die zukünftige Scholzstadt noch am nahesten an mein Herz ran. Ihr wohnt viel Herzliches inne, nicht umsonst besuche ich sie so oft ich kann (manchmal sage ich tatsächlich auch Hamburg, wenn mich jemand fragt). Große Momente verbinde ich mit ihr, miese und fantastische beidermaßen. Trotz allem, ein Heimatgefühl will sich auch dort nicht einstellen, vielleicht ist dafür die Zeit, die ich in Hamburg gelebt habe, einfach nicht ausreichend im Vergleich zu der Zeit, die ich woanders war.
So bin ich wohl ein Heimatloser. Doch Halt! Bevor ich hier jetzt in Tränen ausbreche, schwenke ich schnell um und erinnere mich der Vorteile, die es hat, nicht emotional an einen Ort gebunden zu sein, denn, ganz ehrlich, irgendwie ist das auch übelst spießig und beschränkend ist es sowieso, und klingt es nicht viel besser, wenn man sagt, man sei in der Welt zuhause? Frei bin ich zu gehen, wohin es mich trägt, ich bin nicht per Fußfessel an etwas gekettet, nirgendwo schlagen die Wurzeln um mich und halten mich fest und – genug der obligatorischen Metaphern. Aber Recht haben sie schon, und wenn sich ein Gefühl der Leere und Unzugehörigkeit in manchem Moment einstellt, kontere ich damit, noch viele Orte sehen zu wollen, bevor die Entscheidung mich trifft. Das ist es vielleicht. Meine Heimat ist in der Ferne, in verdreckten Städten, die ich noch gar nicht kenne, in heißen, staubigen Gegenden, in lichterfüllten, altstädtischen Gassen am Ende der Welt. Oder in einem Vorort von Neubrandenburg, an den ich im hohen Alter notgedrungen ziehen werde, weil es meine Liebe verlangt. Man weiß ja nie und so.
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