
Wofür ich genau zu spät bin, weiß ich allerdings selbst nicht. Heute ist Schnuppertag. Keine Termine, keine Veranstaltung, die ich mir vorgemerkt habe, auch aus Zeitmangel und chronischer Unorganisiertheit habe ich das „Leipzig liest.“-Programmheft mit seinen 430 Seiten bisher ignoriert. Und alles andere auch. Und so tappe ich, nachdem ich mit Mühe das Pressezentrum gefunden und hineingerauscht bin in die riesige Glashalle, mit Olli Dittrich auf dem blauen Sofa direkt das erste bekannte Gesicht gesehen habe (keine Ahnung, warum der da ist), einfach mal durch ein, zwei Hallen. Sachbuch, Buch+Art-Ecke, bei Goldmann und Heyne sitzen sie und sprechen über… Bücher? Bestimmt nicht. Zu vermuten wären Themen wie Fukushima oder Lybien, die zumindest mir seit Tagen im Kopf rumgeistern und immer auf die Bremse drücken, wenn’s zu euphorisch wird. So liegt auch jetzt, während ich verwirrt nach dem serbischen Pavillon suche (Serbien/Osteuropa ist Schwerpunkt in diesem Jahr), ein Schatten über der ganzen Aktion hier. Selbst auf die egalisierende räumliche Distanz ist kein Verlass mehr: Das Handy spuckt regelmäßig binnen Sekunden das nächste Grauen aus.
Aber dafür bin ich nicht hier, und was kann ich schon machen? Fieser, auf einfachste Weise das Gewissen ummantelnder Satz. Nichtsdestotrotz wahr, leider, also weiter.
16.30 Uhr. Ich sitze auf dem steinernen Fußboden unter den Linden oder was auch immer das für Bäume hier sind. Sie sehen unecht aus, sind es aber nicht. Gleich wird Clemens J. Setz den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Belletristik entgegennehmen. Viele förmlich gekleidete Menschen klatschen gerade Henning Ritter ab, der in der Kategorie Sachbuch/Essayistik abgesahnt hat. Ich erhole mich kurz vom Treiben, dann stehe ich wieder auf.
Der serbische Pavillon ist schlecht besucht und am äußeren Ende der Halle vier gelegen. Aber es ist ja auch 17.30 Uhr, und die Masse haut schon ab. Das macht es noch weitläufiger hier und man verliert sich ein bisschen. Gerade in der Glashalle, die inmitten der fünf Hallen eingespannt ist, und gerade wenn man alleine unterwegs ist. Vorhin, zur Spitzenzeit kurz vor der Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse, waren hier noch einige hübsche Menschen unterwegs, viele ältere, unendlich viele Sackoträger und mittendrin immer wieder mangaesk kostümierte Jugendliche, vor denen ich schon gewarnt wurde. Ein kleines Showlaufen, nicht nur der Aussteller, sondern auch der Besucher. Aber ich mag die eigentlich sehr. Was sie genau machen, das hat man mir auch gesagt, aber ich habe es schon wieder vergessen. Ein weiteres Indiz, das Leipzig nicht so arg verkrustet daherkommt, wie Frankfurt, ist es allemal.
Nach nur drei Stunden verabschiede ich mich für heute von der Buchmesse, das ist ziemlich kurz, aber schon okay. Nachher werde ich noch irgendwo in eine Lesung gehen, ein Freund von mir hat da bereits einen Plan gefasst, in den ich mich nur noch reinhängen muss. Ich sag euch dann morgen, wer es war, und auch, was es mit den aufwendigen Fantasygewändern auf sich hat.
PS: Leipzig ist schön.
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