Es ist schon fast zwei Jahre her, da kaufte ich diesen Jutebeutel in Zürich. Das war auf einer Europareise, die ich mit einem Freund machte. Zürich war dabei unsere letzte Station, vorher hatten wir hauptsächlich Osteuropa bereist. Zwischen Prag und Athen haben wir uns entlang gehangelt, dann übergesetzt nach Italien und auf dem Weg zurück. Nicht immer leicht, nicht in jeder Sekunde ein Fest, aber unsterblich, unvergesslich allemal.
Eine Sache, die besonders an mir haften blieb, waren die Einschusslöcher an den Häuserfassaden von Sarajevo. Die rühren bekanntlich von der Belagerung der bosnischen Stadt im Zuge des Bosnienkrieges her und sind dementsprechend nicht mehr ganz frisch. Sie sind auch nicht mehr im ganz großen Stile in der Stadt zu sehen, selbst für die Suche nach einer der sogenannten "Rosen von Sarajevo", eine Form des Gedenkens der Opfer an Granatenattacken, mussten wir einige Straßenzüge abklappern, um sie zu finden. Aber die, die man sieht, zeugen von dieser Zeit und prägen so auf die eindringlichste Weise auch Touristen ein: Da ist mal ein Geschoss eingeschlagen, das Menschen töten sollte. Fast 10000 Menschen starben während der Belagerung (aus dem verlinkten Bericht ist nicht eindeutig herauszulesen, ob es sich dabei um reine zivile oder kumulierte Todeszahlen handelt).
Gestern ist dann ja Ratko Mladić gefasst worden. Nach 15 Jahren Jagd auf ihn, auf den mutmaßlichen Mitverantwortlichen u.a. des Massakers von Srebrenica. Seiner Verhaftung habe ich zum Anlaß genommen, mir nocheinmal gründlicher Verlauf und Hintergründe jenes Krieges zu Gemüte zu führen. Ich sah mich einem Berg von Wörtern, Zahlen und Bildern konfrontiert. Sie reichten mir für den Moment als Wissensquelle, aber wirklich erfahrbar machen sie das individuelle Leid und die unzähligen Momente der Angst in den unzähligen Köpfen, wenn mal wieder ganz in der Nähe ein Mörsergeschoss einschlägt, nicht. Da gewesen zu sein half mir schon weiter, wenigstens einen gestreifte Berührung mit der Geschichte gehabt zu haben, verringerte die Distanz dazu drastisch. Im nächsten Moment blendete man diese Allgegenwärtigkeit natürlich aus, wenn einen vom Markt herüberwehender Grillduft an den Hunger erinnerte und den Wunsch hervorrufte, ihn zu stillen.
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